Glückliche Ernährung hoch zwei – “Anna Jones – The Modern Cook’s Year” & “Noch mehr Happy Food”

Ich hab aktuell ja so zwei Lieblingsbücher, die sich mit der Ernährung bzw. dem Kochen beschäftigen. Durch meine Erkrankung bin ich schon lange gezwungen stets frisch zu kochen und komme meistens recht schnell in Bedrängnis, was Einfallsreichtum und Abwechslung betrifft. Viele Lebensmittel, Konservierungsstoffe und Co vertrage ich nicht, sodass ich hier und da so ein bisschen tricksen muss. Ein großartiges, beinahe schon Standardbuch ist “The Modern Cook’s Year” von Anna Jones. Dies ist nun ihr drittes Kochbuch, dass sich hauptsächlich mit der vegetarischen, veganen Ernährung auseinandersetzt und wahnsinnig viel Inspiration bietet. Derweil passiert es mir recht häufig, dass ich nur eine Kleinigkeit suche und dann abdrifte und beinahe Stunden mit dem Durchblättern, Lesen und Bildergucken des Kochbuchs beschäftigt bin. Ich habe das Gefühl, man stößt bei diesem Buch immer wieder auf andere Tricks und Anregungen. So holt man sich mal ein Dressing von hier, die Suppenanregung von da und das macht schon bei der Vorauswahl Spaß. Insgesamt beinhaltet dieses Buch an die 250 verschiedenen Gerichte und noch deutlich mehr Abwandlungen. So gibt es neben den fertigen Rezepten dann auch Anleitungen a la “Bratlinge – (m)ein Wegweiser zum Geschmack” bei der man aus sieben Spalten je eine Zutat wählt und damit einen individuellen, schmackhaften Bratling zaubert. Ähnliches gibt es dann für sättigende Salate oder Suppen und diese Übersichten finde ich in dieser Form einfach genial. Dieses Buch ist der optimale Begleiter für das ganze Jahr und enthält beinahe für jede Vorliebe den perfekten Genuss in Gemüseform. (An dieser Stelle denke ich nun an das im Vergleich etwas reduzierte, aber mindestens genauso schöne, persönlichere und vegane Kochbuch “My little green kitchen” von Syl Gerwais. Auch sehr toll!)

“Nicht nur der Reifegrad einer Zutat ist richtig. Auch die Gefühle, die zu einer bestimmten Zeit des Jahres mitschwingen, sagen etwas über meine Art zu kochen aus.” – Anna Jones

Anna Jones ist Köchin und Food-Kolumnistin und lebt in London. Ihre Rezepte basieren dabei auf dem, was auf dem englischen Wochenmarkt angeboten wird. Sie ist überzeugt davon, dass Regionalität und saisonale Lebensmittel für mehr Geschmack und Freude beim Kochen stehen, aber auch ethischere, klimafreundlichere und zukunftsträchtige Werte verkörpern. “The Modern Cook’s Year” ist dabei so ein kleiner Wegweiser durchs Jahr, der so grob in 6 Kapitel bzw. Jahreszeiten unterteilt ist. Jahresbeginn, Frühlingsboten, Die ersten warmen Tage, Sommer, Herbst, Winter sind die Oberbegriffe und doch ist alles eher fließend zu betrachten. Abschließend gibt’s auch noch einmal ein Kapitel über Basics, welche sich aus einigen Zusatzinformationen wie Einfrieren oder Einweichzeiten für Hülsenfrüchte, aber auch “Pizzateig aus Sauerteig” oder einem Grundrezept für einfache Gemüsebrühe zusammensetzen. Dieses Buch macht einfach Spaß und Appetit. Die Rezepte werden jeweils von ein paar kurzen persönlichen Worten oder Informationen über einzelne Zutaten eingeleitet. Anschließend findet man Zutatenlisten für 2-6 Personen und eine einfache Anleitung in Stichpunktform, sowie ein anregendes Bild des Gerichts vor. So ergibt sich dann tatsächlich eine sehr bunte Mischung aus Gerichten, die manchmal etwas abgedrehter, manchmal dann doch beinahe schon klassisch daherkommen: Grüne Bärlach-Puy-Linsen-Suppe, Zitrus-Zitronengras-Brühe, Zitronen-Polenta-Kuchen mit Feta und gebratenem Lauch, Vier-Kräuter-Joghurt-Suppe, Rote-Bete-Borani oder Kürbissalat mit rotem Pfeffer sind nur einige Beispiele und zeigen dennoch die Vielseitigkeit von Gemüse. In diesem Fall darf man ja nicht vergessen, dass es sich um ein fleischloses Kochbuch handelt, aber aufgrund dieser riesigen Mischung, vermisst man die Beilage überhaupt nicht. Und wenn ihr tatsächlich mal die Möglichkeit habt, blättert es einfach mal durch, wobei…. Vorsicht! Ich fürchte, wenn man dieses Buch einmal in der Hand hatte, will man es auch besitzen, schmecken, nachkochen.

Mein einziger Kritikpunkt wäre in diesem Fall die teilweise enormen Zutatenlisten und die Schwankungen der Portionen. Mal sind es Gerichte für 2 Personen, manchmal gleich für 4 oder 6, ab und zu reichen die Zutaten auch nur für ein Glas, 6 Muffins oder gar 30 Stück. Also da hätte ich mir gerne eine einheitlichere Mengenangabe gewünscht. Manchmal sind es dann auch ein paar ungewöhnlichere Zutaten und dafür, dass sie anfangs noch sehr von Regionalität und ihren Marktbesuchen spricht, ist es nicht so ganz stringent. Aber ich glaube das kann man in diesem Fall auch verzeihen, denn die Auswahl macht vieles tatsächlich wieder gut. Und ich hätte jetzt wirklich gerne so ein Stück Biskuitkuchen mit Stachelbeeren, Holunderblüten und Mandeln. Hmmm.

Und wenn ich nun schon einmal dabei bin… Ein weiteres tolles Buch käme aus dem Hause Südwest. Ich weiß nicht, wer sich noch an das vor ungefähr einem Jahr erschienene Buch “Happy Food” erinnern kann… Es gibt einen Nachfolger. “Noch mehr Happy Food – Glückliche Menschen essen bunt” von Niklas Ekstedt und Henrik Ennart ist vor kurzem erschienen und es ist mal wieder so eine grandiose Mischung aus Wissenswertem, neuen Forschungsständen und Rezepten. In diesem Buch dreht sich sehr viel um das Thema Darm und Darmflora, aber auch um die Gefühlswelt, das generelle Befinden und die Gesundheit. Also es hat mit seinem Vorgänger schon sehr viel gemeinsam und doch beleuchten die beiden noch mal mehr das körperliche Wohlbefinden, den Schlaf, Gluten, Salz … Sie gehen dabei sehr genau auf die aktuellen, medizinischen Wissensstände ein und beschreiben sehr toll und nachvollziehbar, wie die Bakterienflora unser Befinden beeinflusst und welche Bedeutung das Essen für unseren Körper und unseren Geist hat. Wahrscheinlich wird die Medizin nie den Körper und dessen Symbionten komplett verstehen können und doch ist es immer wieder erstaunlich, was bereits über unsere kleinen Mitbewohner und deren Auswirkungen herausgefunden wurde. Viele Bakterien werden, sobald sie von Antibiotika und Co vernichtet wurden, nie wieder den Weg zu uns bzw. in uns hinein finden und daher ist es eben gerade wichtig, dem Körper sehr viel Abwechslung und damit auch Nährstoffe zu bieten. Dabei ist es gerade wichtig die guten Bakterien bei ihrer Arbeit zu unterstützen und die schlechten etwas zu vernachlässigen. Das kann man schon ganz einfach mit Zuckerverzicht, Bitterstoffen und Co tun, aber es geht eben noch besser. Und wer sich auch nur so ein bisschen mit der Ernährung bzw. diesem Thema, das die Medizin irgendwann revolutionieren wird, beschäftigen möchte, dem empfehle ich dieses Buch aus tiefster Überzeugung. “Noch mehr Happy Food” macht bereits optisch Lust sich mit diesem komplexen Thema zu beschäftigen und liefert einfach so, so viel Wissenswertes.

Vom Aufbau her nimmt es sich im Vergleich zum Vorgängerbuch nichts, denn hier reihen sich großartige Illustrationen an sorgsam ausgewählte und in Szene gesetzte Typografien und Bilder aneinander. Es ist beinahe schon ein lebendiges Designbuch, das einem das Gute für den Darm noch einmal näher bringen will. Und dabei ist es eben kein Fachbuch, das stupide Informationen aneinanderreiht. Es beinhaltet eine Mischung aus Interviews, wissenswerten Texten und Beschreibungen, Definitionen und Erklärungen zu ‘verschiedensten’ Themen. Insgesamt reihen sich auch noch einmal 50 Rezepte ein, die vegetarisch bis fleischlastig daherkommen und damit ist es dann quasi so ein Rund-um-Sorglos-Gesundheits- und Darmpaket. Und eins zeigt sich am Ende dann sehr deutlich: Je bunter und abwechslungsreicher wir uns ernähren, umso gesünder, länger, freudiger leben wir. Und ich finde so ein bisschen mehr Freude würde uns allen ganz gut tun oder?

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Anna Jones – The Modern Cook’s Year
Aus dem Englischen von Susanne Kammerer und Jutta Schiborr.
mosaik.
478 Seiten. 26 Euro. Hardcover.
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Niklas Ekstedt & Henrik Ennart – Noch mehr Happy Food
Aus dem Schwedischen von Marie-Luise Schwarz.
südwest.
252 Seiten. 22 Euro. Hardcover.
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24. Februar 2020

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