Die Kunst mit dem ruhigeren Leben – “Pause” von Ulrich Hoffmann

Pausen sind wichtig, gar essentiell. Pausen sind die kurzen Phasen in denen wir gedanklich abschalten können, uns für Neues frei machen oder auch Zeiten, die wir nutzen um Dinge nachzugehen, die in unserem Alltag häufig viel zu kurz kommen. Und obwohl wir wissen, dass bei unseren stressigen, vollgeproppten Tagesabläufen hier und da etwas liegen bleibt, kommen wir nur selten dazu wirklich mal effektiv eine Pause einzulegen. Und wenn wir dann endlich mal Zeit für eine Pause haben, ist uns das oftmals unangenehm. So unangenehm, dass wir uns gleich wieder in große Beschäftigungen stürzen. Dies beginnt bereits beim morgendlichen E-Mails checken im Bett oder beim Frühstück und selbst das Zähneputzen wird oft zum zeitgleichen Nachrichtenkonsum genutzt. Vieles läuft in der heutigen Welt bzw. bei uns parallel ab. Manche nennen es Zeiteffizienz oder Optimierung und andere sehen darin eher eine Burn-out-Gefährdung. Es ist einfach zu viel. Der tägliche Medienkonsum, die Arbeit, die quengelnden Kollegen, Freunde, Nachbarn, Kinder, Haushalt… Ich glaube diese Auflistung könnte man nun sehr in die Länge ziehen und vieles kostet einfach wahnsinnig viel Kraft und sei es nur der Haushalt der neben den täglichen 10 Stunden Arbeit noch gewuppt werden muss oder das Einkaufen oder oder. Zeit ist endlich und Zeit die wir nicht effektiv nutzen ist verlorene Lebenszeit… so ist zumindest der allgemeine Gedanke. Doch Pausen sind wichtig zur Reflexion, also wirkliche Pausen, ohne Fernsehberieselung, Handynutzung, sonstiges Gebrabbel.


“Warum fallen Pausen uns so schwer? Weil wir an Zeitmangel leiden. Alles andere ist zumindest theoretisch unbegrenzt verfügbar: Liebe, Essen, Geld. Nur unsere Zeit ist endlich. Damit wird sie automatisch unser kostbarstes Gut. Also müssen wir sie nutzen und sollten sie nicht verschwenden.”

Zu diesem Thema ist mir dann ein eigentlich recht interessant klingendes Buch über den Weg gelaufen und da das Jahr noch recht jung ist und viele Möglichkeiten bietet, dachte ich nehme mal “Pause – wie wir uns die Herrschaft über unsere Zeit und unser Leben zurückholen” von Ulrich Hoffmann in Angriff. Dieses Buch enthält 12 Inspirationen wie man häufiger zu Pausen ‘kommt’ und dabei weniger gestresst bzw. hektisch durchs Leben geht. Hoffmann beleuchtet dabei die großen Themen: Abschalten, Anlassen, Rausgehen, Drinbleiben, Offenheit, Abgrenzung, Echtzeit, Nichtstun, Spielen, Arbeiten, Allein und Gemeinsam. So schön, so gut, denn jeder einzelne Punkt lässt wirklich einiges an Spielraum zu und ermöglicht mit dem Alltag anders umzugehen oder einzelne Stunden/Minuten anders zu nutzen. Aufgebaut ist jedes Kapitel dann so, dass es zunächst von einer kleinen Aufgabe eingeleitet wird… In Abschalten dreht sich alles um die Smartphonenutzung und so lautet die erste Aufgabe dann auch: Löschen sie eine App. Dieses soll so ein bisschen zum geringeren Benachrichtigungswahn führen, ähnlich wie der Hinweis Benachrichtigungen einzelner Apps zu deaktivieren oder sich nur auf wenige Socialmedia-Apps zu konzentrieren. Gemacht, getan, denn diesen Input gab es bereits in ganz anderen Büchern und seitdem ich der Facebook-App im letzten Jahr den Rücken kehrte, ist es tatsächlich so, dass ich mit dem Handy viel gelassener umgehen kann. Keine unnützen Benachrichtigungszeichen, einzig WhatsApp und eine Mailadresse führen direkt zur mir, alles andere ist stumm geschaltet. Das klappt ganz gut, aber für diesen Tipp hätte ich nun dieses Buch nicht mehr gebraucht.

Ähnlich erging es mir dann ehrlich gesagt auch in den folgenden Kapiteln. Dass frische Luft und gerade Waldspaziergänge nützlich sind um den Kopf frei zu bekommen, weiß man genauso, wie die Wichtigkeit gemeinsamer Erlebnisse mit Freunden und einem ausgeglichenen Geben-und-Nehmen-Haushalt. Einige Punkte tauchen dann auch mehrfach auf und irgendwie hatte ich ehrlich gesagt häufig das Gefühl, der Autor ist so ein bisschen in der Zeit stehen geblieben. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass er einer etwas älteren Generation angehört und ich bereits vieles selbst für mich gefunden/erkannt und mir bei diesem Sachbuch irgendwie mehr erhofft habe. Sicherlich mag dieses Buch für viele ein guter Anstoß sein und es beinhaltet auch recht simple und praktische Tipps, die sich gut in den Alltag integrieren lassen, aber es ist eben viel Altbekanntes in zahlreicher Ausführung enthalten. Ich könnte diese 176 Seiten nun auf folgende Zeilen reduzieren:
Weniger ist mehr. Mehr Abwechslung ist mehr und zudem bereichert sie das Leben. (Zeit-)Druck ist nicht der beste Ratgeber, wenn es um Entscheidungen und/oder zu erledigende Tätigkeiten geht. Allein zu sein heißt nicht automatisch einsam sein und gerade die freie Zeit alleine ist oftmals essentiell zur persönlichen Reflexion und Weiterentwicklung nützlich. Wir müssen wieder lernen uns mehr mit uns selbst zu beschäftigen, um im großen Dschungel da draußen wieder mehr zur Ruhe zu finden…


Nur das muss man im Endeffekt, dann auch für sich selbst erkennen (wollen) und sich vielleicht der rasenden Zeit, dem technologischen Fortschritt, dem wachsenden Druck etwas mehr entziehen, denn sonst ist man in diesem Kreislauf gefangen und es wird mit jedem “Ja, mach ich.” nur noch schlimmer. Darum achtet einfach auf euch selbst, hinterfragt den Nutzen von Technik, Apps, Meetings… und lasst vielleicht auch mal was liegen, was eben nicht dringend bearbeitet werden muss. Manchmal löst sich einiges auch von ganz allein. Und mehr Ruhe und Gelassenheit stellt sich dann auch schon automatisch ein.

“Doch Pause zu machen ist gar nicht so einfach. Alle wollen die ganze Zeit etwas von uns. Und wenn nicht, dann schauen wir mal kurz aufs Handy, bis wieder jemand was von uns will. Wirklich Pause zu machen ist nicht das Gegenteil von arbeiten. Es kommt nicht nur darauf an, was wir nicht tun. Es kommt auch darauf an, was wir in der Pausenzeit tun.”

Wer sich dann doch noch weiter dazu belesen mag … dem empfehle ich, wie Ulrich Hoffmann selbst, “Digitale Erschöpfung” von Markus Albers oder die Bücher von Brené Brown. Zumindest glaube ich, dass man gerade aus ihnen sehr viel mehr für sich selbst ableiten kann. Und wer hilfreiche Anregungen braucht, um zur Ruhe zu kommen… Meditation oder progressive Muskelentspannung sind etwas Tolles und Fokussierendes. Es gibt viele Möglichkeiten. Probiert’s einfach mal aus.
Und ja, ihr könnt natürlich auch dieses Buch lesen, denn manchmal sieht man ja tatsächlich den Wald vor lauter Bäumen nicht und für einfache, beruhigende Anstöße reicht “Pause” für zwischendurch vollkommen aus.

Ulrich Hoffmann – Pause
mosaik.
176 Seiten. 12 Euro. Hardcover.

3. Februar 2020

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