Starke Frauen & ihr Leben | Gerda Taro – ein rebellisches Leben für die Fotografie

Gerda Taros Leben ist faszinierend und traurig zugleich. Gemeinsam mit ihrem Freund Robert Capa war sie davon überzeugt, dass Fotografie eine Waffe sein kann und wollte mit ihm den Spanischen Bürgerkrieg dokumentieren. Leider mit dramatischen Ausgang, denn kurz vor ihrem 27. Geburtstag, wurde sie dort von einem republikanischen Panzer überrollt.
Ein kurzer Lebenslauf. Gerda wird als Tochter einer jüdischen Familie 1910 in Stuttgart geboren und wächst dann u.a. in der Schweiz auf. Ab 1929 ist sie in Leipzig als Mitglied einer sozialistischen Gruppe tätig. Dort wird sie 1933 festgenommen, als sie auf der Straße Flugblätter verteilt. Bereits zwei Wochen später wird sie aufgrund ihrer polnischen Staatsangehörigkeit  wieder frei gelassen. Da es ihr in Leipzig nun zu unsicher ist und sie sich ständig beobachtet fühlt, flieht sie mit ihrer Freundin Ruth Cerf nach Paris, ins französische Exil. Hier lernt sie dann auch den ungarischen Fotografen Endre “André” Friedmann kennen, der später seinen Namen in Robert Capa ändert. Beide verlieben sich ineinander und ziehen gemeinsam als bekennende Antifaschisten und Fotoreporter 1936 in den Spanischen Bürgerkrieg. “Seit die Spanische Republik unter Beschuss stand, kam es nur darauf an, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein und eine Wirklichkeit zu bannen, die aufrütteln, den Protest befeuern und die Welt zum Handeln zwingen sollte.” Damit zählt sie zu einer der ersten weiblichen Fotografinnen an der Kriegsfront. Ihre Aufnahmen gehen um die Welt und werden in vielen internationalen Zeitungen veröffentlicht. Capas Foto eines tödlich getroffenen Soldaten erlangt großes Aufsehen und macht ihn zur Legende.
Auch im Sommer 1937 fotografiert Taro an der Front, doch als sie bei einem Angriff aus der Kampfregion flüchten will, rutscht sie vom Trittbrett eines LKWs, der von einem Panzer überrollt wird. Gerda stirbt in Folge ihrer schweren Verletzungen. Ihr Körper wird am 1. August 1937  auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise beigesetzt. Angeführt von Robert Capa, Louis Aragon und Pablo Neruda geht ihr Trauerzug als eine gigantische Demonstration gegen den Faschismus in die Geschichte ein.

“Was wäre aus Gerda geworden, wenn sie in jener dunklen Zeit nicht auf André Friedmann getroffen wäre, wenn er sie nicht bei einer Fotoagentur eingeführt hätte und, vor allem, wenn es in Frankreich nicht gesetzlich verboten gewesen wäre, eine Ausländerin einzustellen?”

Wir werden es nie erfahren. Ihre Geschichte wurde nun allerdings in einem Roman veröffentlicht. Auf dieses Buch habe ich mich schon lange gefreut. Das Mädchen mit der Leica von Helena Janeczek erschien ursprünglich in Italien und wurde dort u.a. mit dem Premio Strega ausgezeichnet. Es ist eine Hommage an die recht schnell in Vergessenheit geratene Gerta Pohorylle, wie sie mit bürgerlichem Namen hieß. Und das, obwohl sie ihrerzeit eigentlich sehr Erstaunliches geleistet hat. Vielleicht liegt es daran, dass unzählige Aufnahmen ihrem Freund Robert Capa zugeschrieben wurden bzw. er sie für sich beansprucht und veröffentlicht hat. Vielleicht aber auch daran, dass viele Negative verschwanden und erst im Jahre 2007 in einem Koffer in Mexiko wieder auftauchten. Seit dem bekommt ihr fotografisches Erbe nun endlich wieder die verdiente Aufmerksamkeit. Eine Ausstellung wurde nun, 70 Jahre nach ihrem Tod, konzipiert, ihre Fotos wurden in unzähligen Bildbänden über Capa und den Spanischen Bürgerkrieg veröffentlicht.
Helena Janeczek hat sich mit dem Leben Gerta Pohorylles beschäftigt und sich mit ihrem Roman an eine Verknüpfung von Fiktion und historischen Fakten gewagt. Drei von Gerdas Bekannten und Freunden, Doktor Willy Chardack, Ruth Cerf und Georg Kuritzkes, erzählen von ihren Erinnerungen an Gerda und berichten von der aufwühlenden Zeit. Auch, wenn gerade dieses Persönliche noch einmal einen sehr interessanten Blick auf die Kriegsfotografin Gerda Taro legt, fand ich diesen Roman recht schwierig, teilweise sehr kühl und distanziert. Ich hätte mir gewünscht, dass die Geschichte von Gerda selbst erzählt werden würde und man ihre Schritte, Gedanken und Kämpfe quasi hautnah miterlebt, aber in dieser Form wurde ich einfach nicht mitgerissen. Dieses Buch hat mich mehrere Anläufe gekostet und mich zwischenzeitlich sehr verloren. Es ist irgendwie so eine Mischung aus in die Länge gezogenen Plaudereien und analytischen, sprunghaften Fragmenten. So hat es mich die Erzählung sehr viel Kraft gekostet und mich oftmals mehr verwirrt, als Interesse geweckt. Gerda Taro ist eine großartige Frau mit einer sehr bemerkenswerten Geschichte, über die bereits eine kurze Arte-Dokumentation veröffentlicht wurde, aber gerade für diese Art von Roman muss man gemacht sein und sich vielleicht auch mehr für ruhigere, trockenere, historische Berichte interessieren, für mich war es so leider nichts.

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Helena Janeczek – Das Mädchen mit der Leica.
Aus dem Italienischen von Verena von Koskull.
Berlin Verlag.
352 Seiten. 22 Euro. Hardcover.

26. Juni 2020

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