Ernährung, Wohlbefinden, ausgeglicheneres Leben, vielleicht auch einfach Gesundheit… das sind so Begriffe, die man mit Ayurveda und sämtlichen fernöstlichen Praktiken verbindet. Während die westliche Medizin sich gezielt um einzelne Symptome kümmert und den menschlichen Körper und dessen Prozesse einfach mit Tabletten zu reparieren versucht, wird im chinesisch/indischen Raum eher die angestrebte ganzheitliche Gesundheit – vom Geist über das Umfeld und das Leben bis in den kleinen Zeh – angestrebt. Und nicht nur ich finde diese Variante irgendwie schöner und ratsamer, denn seit Jahren findet auch im westlichen Raum, diese ‘Medizin’ immer mehr begeisterte Anhänger. Yoga ist für viele kein Fremdwort mehr und wer bei Yoga ist, ist dann beinahe auch schon beim Ayurveda angekommen. Ruhe, Gelassenheit, im Einklang mit seinem Körper ausgeglichen im Leben stehen. Und wer dann so wie ich, sich dazu mal ein bisschen belesen oder in diese uralte, komplexe Weisheit einsteigen möchte, wird von ihr förmlich erschlagen. Zumindest hatte ich immer das Gefühl, sobald es dann um optimale Essenszeiten, Nahrungsmittel und -kombinationen geht, kommt der große, unüberschaubare Wust an Doshas, Ratschlägen und Hinweisen. Vielleicht kennt ihr das ja und euch geht es in diesem Punkt genauso?! Und gerade da hätte ich nun den optimalen Buchtipp parat.
“>Ayus< bedeutet >das Leben< und >Veda< >die Wissenschaft< oder >die Weisheit<. Allein diese Übersetzung zeigt eindrücklich, wie umfassend Ayurveda ist – weitaus mehr als Gewürze und Ernährung.”
Jedenfalls und ich weiß, eigentlich sollte man nicht schon im Vorfeld zu viel loben, aber dieses Buch macht es einem wirklich schwer, nicht begeistert zu sein. Zumindest ist “Ayurveda for life” von Dr. med. Janna Scharfenberg ein großartig, informatives und doch locker, leichtes Buch für Interessierte und Ayurveda-Entdecker. Und natürlich auch für mich, denn ich habe es bereits gelesen, sehr viel damit gearbeitet und bin mehr als positiv überrascht. Aber eins nach dem anderen. Worum geht’s? Janna Scharfenberg beginnt zunächst mit einer kleinen Modernisierung bzw. holt die veralteten, nicht gerade alltagstauglichen Grundzüge des Ayurveda in die heutige Zeit und in unsere Breiten, passt sie dem aktuellen Lebensstil und dessen Anforderungen an und gibt Einblicke in das große Ganze. Ihr ist gerade die Leichtigkeit dieses großen thematischen Komplexes wichtig und so begegnet sie ihm auch teilweise etwas pragmatischer, denn Ayurveda soll Spaß machen, uns gut durch den Tag leiten und kein striktes Abarbeiten von Punkten, Dogmen und Regeln sein. Die Autorin nimmt sich auch gefühlt sehr viel Zeit. Sie erklärt einzelne Elemente aus der traditionellen und der westlichen, schulmedizinischen Sicht, erzählt von den Grundlagen des Ayurveda, von der Ernährung und dem Zusammenhang mit dem Mikrobiom, vom Leben, den Doschas, den optimalen Zeiten, Yoga, Meditation und und und. Zusätzlich gibt es einige weiterführende Links, wie z.B. eine geführte Meditation, was, wie ich finde, einen zusätzlichen Mehrwert bietet.
“Der Ayurveda misst der Verdauung einen sehr großen Stellenwert bei. Denn nur das, was wir vollständig verdauen können, kann unser Körper auch tatsächlich verwerten. Denn die Verdauung nicht funktioniert, kann dies eine relevante Ursache für viele verschiedene Beschwerden sein.”
Insgesamt beinhaltet dieser Ratgeber fünf Kapitel, die sich dann noch einmal in einzelne Unterthemen gliedern lassen. So geht es dann in Kapitel eins neben der Einführung um die Grundlagen des Ayurrveda einen Selbstcheck zum persönlichen Ist-Zustand bzw. Doscha-Typ. Die drei Doschas (Vata, Pitta und Kapha) stellen die Trinität des Lebens dar und sind aus ayurvedischer Sicht tief mit uns verankert. Sie sind so etwas wie funktionelle Einheiten des Körpers, die alle biologischen Abläufe und Stoffwechselprozesse im Körper beeinflussen. Jedes Dosha ist dabei bei jedem unterschiedlich stark ausgeprägt und die Konstellation der drei ist bei allen ganz individuell. Dennoch ist es im Ayurveda überaus wichtig, zu wissen, welcher (Misch-)Typ man ist, denn nur so kann man optimal die Prozesse des Körpers unterstützen oder seinen Tag grob nach den Bedürfnissen des Körpers ausrichten. Ein weiteres Thema ist dann die Ernährung und Verdauung. Neben den Grundlagen führt Janna Schaffenberg hier die zehn Basics in Sachen ayurvedischer Enährung auf und erklärt, welche Ernährungstrends aus ayurvedischer Sicht vertretbar oder gar sinnvoll sind. Desweiteren gibt’s hier einige nützliche Tricks, sowie eine Aufschlüsselung wie sich das optimale Gericht zusammensetzt bzw. was man generell bei der Ernährung beachten sollte. Ein Gericht sollte so stets die Geschmackskomponenten von süß, sauer, bitter, salzig, scharf und zusammenziehend beinhalten, aber auch regional und vor allem saisonal, sowie auf den jeweiligen Doscha-Typ abgestimmt sein. Das was jetzt hier total komplex klingt, ist dank des dritten Kapitels recht einfach, denn hier findet man Informationen über die ayurvedische Basisausstattung, Gewürze und Kräuter, aber auch einige Rezeptvorschläge, die dieses Thema perfekt abrunden. Hierzu sollte ich vielleicht sagen, dass es sich um kein Kochbuch in eigentlichen Sinne handelt, sondern es eher als ‘Anstoß’ gesehen werden sollte. Um Morgenroutinen, Tagesabläufe nach biologischen Leistungskurven und Dosha-Phasen geht es dann im nächsten Abschnitt und das letzte Kapitel beschäftigt sich dann noch einmal mit Stress und Resilienz, Yoga und Meditation, abgestimmt auf den entsprechenden Dosha-Stress-Typ.
Wahrscheinlich kann man nun auf vieles einfach noch viel tiefgründiger eingehen, aber für ein 200 seitiges ‘Anfänger-‘-Buch, finde ich das schon recht gewaltig und genau richtig.
“Ayurveda versteht sich als ein ganzheitliches System, welches neben den gesundheitlichen auch philosophisch-spirituelle, energetische, astrologische und ökologische Aspekte umfasst.” “Kein anderes medizinisches Heilsystem legt [dabei] so viel Augenmerk auf die enge Verknüpfung zwischen Gehirn und Darm.”
Gerade wegen seiner Vielschichtigkeit finde ich Ayurveda total spannend. Wer mich kennt oder meiner Geschichte schon länger folgt, weiß, dass ich mit meiner Erkrankung die Grenzen der heutigen Schulmedizin schon recht häufig gesprengt habe bzw. damit einfach nicht mehr weiterkomme. Die fernöstliche Medizin bietet hier ganz andere Möglichkeiten und zieht noch einmal ganz andere Schlüsse aus dem Zusammenspiel von Ernährung, Leben und Wohlbefinden. Daher ist Ayurveda für mich nicht unbedingt etwas neues und doch habe ich mit diesem Ratgeber recht viel über dieses komplexe Thema gelernt. Janna Scharfenberg präsentiert Ayurveda sehr verständlich und macht trotz zahlreicher Übersichten und Anleitungen Lust darauf, sich mit diesem alten Wissen auch weiterhin zu beschäftigen. Zum ersten Mal habe ich tatsächlich verstanden, was Kapha, Pitta und Vata so wirklich bedeuten und wo ich mich grob einordnen kann. Vor einer Weile habe ich ja schon einmal ein sehr umfangreiches Kochbuch mit zahlreichen Rezepten und Doscha-Hinweisen vorgestellt, denn dass die ayurvedische Küche besonders gut sein soll, steht zumindest für mich schon sehr lange fest, doch hier hat mir dann tatsächlich immer so das gewisse Verständnis gefehlt. Nach dieser Lektüre wird mir einiges klarer und nun fließt auch das ayurvedische Wissen mehr und mehr in meinen Alltag ein und ich kann recht locker damit umgehen, ohne mich irgendwie selbst einzuschränken oder überfordert zu sein. Und gerade dass Janna Scharfenberg dem Leser noch einmal so leicht alles mögliche über diese ‘Tradition’ erklärt, finde ich dann bei so einem Ratgeber total toll, gewinnbringend und lesenswert. Ich möchte dieses Buch wirklich jedem empfehlen, denn was schon Jahrtausende im östlichen Raum erfolgreich angewendet wird, kann für unsere Breiten einfach nicht verkehrt sein. Und etwas mehr Ruhe, Gelassenheit, Bewusstsein und vor allem auch Gesundheit hat noch keinem geschadet. “Ayurveda for life” ist ein optimales Einsteigerbuch über die indische Heilkunst und sicherlich auch ein tolles, leichtes Nachschlagewerk für alte Hasen. Neben zahlreichen Übersichten, findet man viele verständliche Erklärungen, die dem Leser noch einmal bewusst werden lassen, welche kleinen Veränderungen und Kniffe, schon viel verändern können. Oder hättest du gedacht, dass man in einer Woche etwa 25 verschiedene Gemüse und Kräuter zu sich nehmen sollte, damit man seinem Mikrobiom und damit auch seinem Körper und seiner Gefühlswelt optimal zur Seite steht? Oder, dass ein warmes Glas Wasser am Morgen bereits den Stoffwechsel ankurbelt bzw. den Körper in Gang bringt und so eine Tasse Kaffee vielleicht gar nicht die optimale Wahl wäre?! Oder… ach, lest es am besten selbst. Ich glaube ihr findet Spaß dran!
Ayurveda for life – Ayurvedische Heilkunst für einen modernen Lebensstil & Alltag
von Dr. med. Janna Scharfenberg.
Südwest.
208 Seiten. 18 Euro. Hardcover.
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