“Muss man leben, nur weil man lebt?” – Jürgen Domians “Dämonen”

 

 

Vor einiger Zeit habe ich Jürgen Domians neuen Roman „Dämonen“ gelesen.

Es fiel mir schwer, die richtigen Worte für dieses Buch zu finden, weshalb ich es erst einmal ins Regal stellte, um später darüber zu schreiben.

Heute habe ich einen eher semi guten Tag und bei der Suche nach der richtigen Lektüre, fiel mir „Dämonen“ erneut in die Hände.

Ich blätterte darin und las einige Textstellen, die ich mir markiert hatte ein weiteres Mal.Vielleicht ist es dieser merkwürdige Tag, vielleicht meine trübe Stimmung, aber ich habe nun endlich die Worte gefunden, um über dieses Buch zu schreiben:

Zugegeben, ich bin kein großer Fan von Jürgen Domian. Die meisten Menschen kennen ihn wohl weniger als Autor, dafür aber als Moderator seiner Sendung, welche bis vor wenigen Monaten nachts im TV und Radio lief.
Als mir sein neuer Roman aber das erste Mal über den Weg lief, war ich sofort angefixt und musste es unbedingt lesen.

Domian erzählt in seinem Buch die Geschichte von Hansen. Seinen Vornamen erfährt der Leser nicht. Hansen hat beschlossen, sich an seinem 60. Geburtstag in Lappland das Leben zu nehmen. Nicht weil er krank oder depressiv ist. Nein, Hansen will einfach nicht mehr leben. Sein Job langweilt ihn und auch von der täglichen Routine und Eintönigkeit ist er einfach nur genervt. Sein Sohn Philipp ist schon lange aus dem Haus, eine Partnerin hat er nicht, und auch keine Freunde. Bis auf einen: Kay. Aber ihre Freundschaft besteht auch nur aus langen Nächten mit ermüdenden Gesprächen und zu viel Alkohol.

Hansen plant sein Ableben akribisch. Bereits ein halbes Jahr vor seinem geplanten Freitod reist er nach Skandinavien. Dass er dort auf all seine Dämonen treffen wird, ahnt er noch nicht.

 

„Warum ist es nicht eine durchaus legitime und gute Entscheidung, sich das Leben zu nehmen, wenn einen das Leben nicht mehr interessiert? Muss man leben, nur weil man lebt?“

 

Dieser Satz direkt zu Anfang des Romans, hat mir zu denken gegeben. Überhaupt gibt diese Geschichte so viele Denkanstöße, dass man sie immer wieder zur Seite legt, innehält und das Gelesene reflektiert.Bisher war ich selber der Meinung, dass Suizid keine Lösung ist. Als diese sehe ich es auch nach wie vor nicht. Aber Jürgen Domian beschreibt und argumentiert so überzeugend, dass ich als Leser meine Sicht auf die Dinge geändert habe. Wir sagen selber immer wieder, dass jeder für sein eigenes Leben verantwortlich ist. Dass jeder sein Leben so gestalten soll, wie er es möchte. Warum aber gilt das nicht für den Tod?

 

„Je stiller es um ihn herum ist, desto lauter erscheint ihm sein Inneres, und je einsamer er sich fühlt, desto klarer sieht er sich selbst. Kein schöner Anblick.“  

 

In einer einsamen Hütte in Lappland schaut Hansen also seinem Tod entgegen. Bei etlichen Wanderungen durch die wunderschöne stille Landschaft, beginnt sich Hansen mit seinen eigenen Dämonen auseinanderzusetzen. Anfangs ergibt er sich ihnen, aber irgendwann beginnt er gegen sie zu kämpfen. Und mit jedem errungenen Sieg schwankt seine Entscheidung immer mehr…

 

„Aus den Abgründen seines Herzens steigen die Dämonen seines Lebens auf und Hansen bleibt nichts anderes übrig, als sie anzusehen, sich ihnen zu stellen, mit ihnen zu kämpfen.“

 

Ich möchte an dieser Stelle nicht mehr verraten. Aber ich möchte euch dieses Buch ans Herz legen. Es ist keine einfache Lektüre. Menschen die vielleicht selber schon mit dem Thema Suizid konfrontiert wurden, wird es schwer fallen es zu lesen. Auch arbeitet Domian im Roman mit vielen eingefügten Textstellen aus bekannter und weniger bekannter Literatur, die die jeweiligen Ereignisse im Roman noch unterstreichen, aber nicht immer leicht verständlich sind.

Jürgen Domian schreibt hier definitiv kein Plädoyer für den Freitod. Aber er setzt sich seit Jahren dafür ein, dass das Thema Suizid kein Tabuthema mehr ist, und dieser Roman ist auf jeden Fall ein guter Schritt. Meine Sicht auf die Dinge hat er auf jeden Fall verändert.

 

Das Buch ist im Güthersloher Verlagshaus erschienen
Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.

19. Februar 2018

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