Roman | Märchenhaft geht’s weiter… “Das Mädchen und der Winterkönig” – Teil 2 der Winternight-Trilogie

Es ist schon eine Weile her, dass ich Kathrine Ardens mystischen, märchenhaften Fantasy-Roman Der Bär und die Nachtigall gelesen und geliebt habe. Für mich war die Geschichte über das unbändige Mädchen Wasja, das scheinbar als einige der wenigen die alten Geister, Götter und Dämonen aus der alten, heidnischen Welt sehen und hören kann, sich gegen den ‘neuen’, religiösen Glauben auflehnen muss und um ihr Leben kämpft, etwas ganz besonderes. Ein emotionales, winterliches Fantasy-Abenteuer mit russischer Note, das an die Welt von Narnia, die Hexe Babajaga und alte Märchenfilme erinnert. Im November 2020 erschien nun mit Das Mädchen und der Winterkönig endlich die Fortsetzung und damit der zweite Teil der Winternight-Trilogie.

Zurück in Rus. Seitdem Wasja damals in ihrem Dorf mit den Dämonen in Verbindung gebracht, als Hexe betitelt und verstoßen wurde, befindet sie sich auf der Flucht. Gestärkt durch ihre Verbindung zum Winterdämon und ihrem Pferd Solowej durchstreift sie das riesige Zarenreich und stößt dabei auf geplünderte und abgebrannte Dörfer. Banditen treiben ihr Unwesen, rauben alles Wertvolle und entführen die Töchter/Jungfrauen der Dorfbewohner. Wasja, nun bereits eine junge Frau, gibt sich von nun an als Junge Wassili Petrowitsch aus und schließt sich im Kampf gegen die Banditen den Männern des Großfürsten von Moskau an. Dabei trifft sie überraschend auf ihren Bruder Sascha und etwas später, in Moksau, auch auf ihre Schwester Olga, die beide zu ihrem Schutz das Lügenspiel mitspielen und krampfhaft nach einem Ausweg suchen. Doch jede noch so kleinste Unachtsamkeit könnte nicht nur Wasja gefährden, sondern auch ihre Geschwister in schwierige Situationen stürzen und ihnen die Gunst des Fürsten entziehen. Und so kommt es dann, wie es nicht kommen sollte. Ihre Reitkünste, Tapferkeit und Stärke drängen Wasja gegen alle Pläne immer mehr in den Fokus des Adels, ihre Beziehung zum Frostdämon wird mehr als einmal auf eine harte Probe gestellt und düstere Wolken ziehen über Moskau auf – das Unheil droht.

“Hätte ich eine Wahl gehabt, wäre ich nicht hier […] Wir fanden keine Spur von den Banditen – nicht einmal eine kleine, nicht einmal einen Hufabdruck. Nur Feuer, Wehklagen und Zerstörung. Die Leute flüstern schon, dass diese Banditen keine Menschen sind, sondern Teufel. Ich musste nach Moskau […] Auch wenn ich lieber zu Hause geblieben wäre.”

Selbst nach einem Jahr Pause, hat mich dieses Buch gefühlsmäßig genau an der Stelle abgeholt, an dem mich der erste Teil zurückgelassen hatte. Diese Geschichte, die Protagonisten und Katherine Ardens Schreibstil haben einfach etwas magisch faszinierendes, das einen sofort in den Bann zieht und mitreißt. So war es dann binnen weniger Zeilen, als würde man nach Jahren gute Freunde wieder treffen, ohne dass wirklich Zeit vergangen wäre, zahlreiche Erinnerungen kommen hoch und nun ist es einfach an der Zeit weitere Abenteuer zu erleben.
Nachdem es im ersten Teil noch um die Auseinandersetzung mit dem ‘neuen’ kirchlichen Glauben auf dem Hof des Landadeligen und Vaters Pjotr Wladimirowitsch, das Heranwachsen Wasjas und ihre Verbindung mit den Geistern im Haus, sowie den angrenzenden Wäldern ging, treibt es sie nun weiter hinaus. Als Mädchen hat sie es ohnehin äußerst schwer ihren eigenen, unabhängigen Weg zu finden und die Idee sich als Junge auszugeben, soll ihr nicht gerade Glück bringen. Es sind schwierige Zeiten im Land des Zaren, wo es einzig und allein um Macht geht. Intrigen, Lügen, das Rennen gegen die Zeit sorgen in diesem Fall enorm für Spannung, gepaart mit dem mystischen, fantasyartigen Verknüpfungen und Wasjas Beziehung zu dem Frostdämonen Morozko. Das Wiedersehen mit ihren Geschwistern erzeugt ein heimeliges Gefühl und Freude, sodass ich auf jeden Fall raten würde sich mit Der Bär und die Nachtigall und Wasjas ersten Begegnungen mit den Geistern in dieses großartige Abenteuer zu stürzen. Mehr möchte ich dann auch schon gar nicht mehr sagen oder vorweg nehmen. Jedenfalls freue ich mich schon jetzt auf den hoffentlich im Herbst erscheinenden dritten Teil und bin gleichzeitig etwas traurig, dass er auch den Abschluss der Trilogie bilden wird. Für alle Freunde von mystischen Sagen, leichten Fantasygeschichten, sowie Märchen und alle, die sonst mal etwas ausbrechen und anderes lesen möchten… eine Herzensempfehlung von mir!

“Ich bin nur noch ein Hauch, weil dein Volk nur noch an Glocken und bemalte Ikonen glaubt, doch so viel weiß ich: Du wirst weit weg aufwachsen und einen Vogel mehr lieben als deine Mutter, noch bevor die Jahreszeiten wechseln.”

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Katherine Arden – Das Mädchen und der Winterkönig.
Aus dem Amerikanischen von Michael Pfingstl.
Heyne.
480 Seiten. 16,99 Euro. Klappbroschur.

___weitere Titel der Reihe
Teil 1 – Der Bär und die Nachtigall. Roman. Heyne. 2019.

22. März 2021

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