Ratgeber | Achtsam Leben und gleichzeitig etwas fürs Klima tun mit Johan Tell

Die Erde ist im Wandel. Diese Erkenntnis ist nicht neu, denn das sich was tut und nicht gerade in die positive Richtung verändert, können wir schon seit Jahren sehen. Es wird wärmer, die Extreme spielen mehr und mehr verrückt, Überschwemmungen hier, Heuschreckenplagen da, Trockenheit, Buschbrände, Klimazonen verschieben sich… die Liste der Anzeichen ist erschreckend lang. Und ja, natürlich können wir nun alle rumsitzen und darauf warten, dass sich etwas verändert oder wie gerade in der Pandemie-Zeit hoffen, dass andere das schon richten werden, während wir selbst einfach so weiter leben… ABER am Ende sind wir doch auch selbst dafür verantwortlich was aus der Welt, der Gesellschaft und auch dem Zwischenmenschlichen wird. Jede/r Einzelne ist eine Stellschraube für den Konsum, die Lenkung der Politik und Weltansicht. Auch wenn wir immer denken, wir wären ein so kleines Licht und nicht entscheidend, aber jeder noch so kleine Schritt, jede helfende Hand, jede Veränderung kann einen Beitrag leisten. Und ja, wir könnten nun auch ständig andere auf Dinge hinweisen, die in unserer ‘Blase’ nicht sinnvoll erscheinen oder stets für alles einen Schuldigen parat haben, Menschen emotional mit Wutreden vollsülzen oder sie ständig mit Fehlern zu konfrontieren, bringt uns schließlich nicht weiter, höchstens mehr auseinander. Wir müssen selbst bei uns anfangen, uns informieren, uns mit unserer und anderen Weltansichten und Lebensstilen auseinandersetzen und voneinander lernen. Vorbilder sein. Und gerade hierfür sind Blicke über den eigenen Tellerrand einfach unerlässlich. Hierzu könnte man nun anderen Gesprächen lauschen, sich Inspirationen suchen oder einfach mal Dinge mehr hinterfragen… und das lässt sich super und ganz unabhängig vom Geldbeutel erledigen, für irgendwas muss die Medienvielfalt ja schließlich auch gut sein.

“Nachhaltige Lösungen müssen nicht besonders anstrengend sein oder die Lebensqualität verschlechtern. Es geht selten darum, auf etwas zu verzichten, sondern darum, die richtige Wahl zu treffen. Wichtig ist, es als positive Herausforderung zu betrachten und keine Schreckensszenarien zu entwerfen. Wenn die Zukunft rabenschwarz erscheint, kann das eher zum Leugnen des Problems führen, Panik oder Scham erzeugen oder bewirken, dass andere beschuldigt werden.”

Wie das so gehen könnte, bzw. was sich sonst so einfach in den Alltag integrieren lässt und vielleicht nicht nur der Natur, sondern auch und selbst gut tut, zeigt Johan Tell in seinem Ratgeber Achtsam grün leben – 100 einfache Möglichkeiten, die Geld sparen und die Umwelt schonen. Wie der Titel nun schon verrät, enthält dieses Buch 100 Tipps und Erklärungen, was jede*r Einzelne für die Umwelt machen bzw. auf was man achten sollte. So grob behandelt Tell 5 verschiedene Themenbereiche – von der Pflege, über die Ernährung bis hin zur Energie, den chemischen Prozessen und dem persönlichen Lebensstil. Und dabei ist dieses Buch noch so typisch Schwedisch. Gefühlt vermittelt Tell einen sehr ausgeglichenen Lebensstil und auch eine sehr positive und offenere Denkweise. Er erklärt Sachverhalte sehr locker und trotzdem wahnsinnig informativ und gibt hier und da Ratschläge für einen bewussteren Umgang mit allen möglichen Sachen, Einflüssen und Reizen um uns herum. Teilweise kritisch, manchmal auch bestärkend wechselt er hierbei von einfachen, kleineren Veränderungen, die vielleicht der eine oder die andere bereits aktiv umsetzt, zu größeren, komplexeren Themen, die nach seiner Erklärung dann irgendwie doch ganz einfach erscheinen. Es ist insgesamt ein eher regionales, saisonales und die Gemeinschaft bestärkendes Buch und so erkennt man dann auch sehr gut, dass Basis der Veränderung wir selbst sind, aber eben auch durch den Austausch und den Zusammenschluss mit Menschen um uns herum nochmal einiges mehr bewegen können, uns gleichzeitig von unnötigen Krempel und Gedanken befreien, sowie der Umwelt sehr viel gutes tun können. Wahrscheinlich ist es so ein bisschen ein momentanes Zeitgeschehen-Buch und viele Möglichkeiten werden sich gerade in den kommenden Jahren noch (weiter-)entwickeln oder einige Probleme werden sich dann bereits gelöst haben oder gar alltäglich werden, aber für jetzt ist es ein guter Anfang und ein Mut machender, toller Leitfaden eines der bekanntesten Umweltautoren Schwedens.

“Wir Menschen müssen ständig Kompromisse eingehen, weil wir uns um unterschiedliche Dinge kümmern, die manchmal miteinander kollidieren. Wir möchten das Klima schützen, aber auch, dass es allen Tieren gut geht, wir möchten die biologische Vielfalt mit Tierhaltung in freier Landschaft fördern, aber auch der Überdüngung der Meere entgegenwirken, wir wollen regional einkaufen, gleichzeitig die Entwicklungsländer unterstützen […] Wir möchten eine Menge Dinge, die manchmal für entgegengesetzte Werte stehen. Aber das macht nichts. Wir können es schaffen, zwei oder mehr Gedanken gleichzeitig im Kopf zu haben.”

Am Ende bin ich etwas zwiegespalten, aber ich denke, das ist bei solchen Themen auch immer total im Rahmen und jede*r sollte selbst immer gucken, welche Sachen er oder sie vertreten oder eben auch umsetzen kann. An sich finde ich es trotzdem immer so ein bisschen fraglich, wenn ein Buch, das verlegt wird und eine möglichst breite Masse erreichen will, sein eigenes Vorhandensein hinterfragt, bzw. sagt: “kauf mich nicht, gehe lieber in die Bibliothek”. Und wenn es dann noch auf das Ressourcen sparen eingeht und selbst zwar super ansprechend, aber nicht gerade platzsparend daherkommt und in Litauen gedruckt wurde… hm. So ist es für mich irgendwie kein stimmiges Gesamtbild. Dieses Buch ist hübsch, hat eine tolle Haptik und liefert viele sehr, sehr interessante Informationen, Fakten, Erklärungen und eben auch Tipps – ohne, dass einen diese Thematik überfordert oder Katastrophenszenarien dargestellt werden – aber es wäre wie viele andere Ratgeber eben auch eher ein Buch, das man nur einmal liest und dann weitergibt. Also ja, irgendwie hat Johan Tell dann mit diesem Bibliothekspunkt recht, aber vielleicht hängt das auch ein bisschen mit der eigenen Erwartungshaltung gegenüber einem Buch zusammen. Ähnlich verhält es sich dann auch mit dem von ihm angesprochen Streaming-Thema. In meinen Augen macht es nicht Sinn etwas zu nutzen, nur weil man es kann und dafür auch sinnlos Strom verbraucht, selbst wenn dieser dann aus erneuerbaren Energien besteht und so könnte ja z.B. auch ein Buch, eine DVD, sonstiger Spielkram… , sofern grüner Strom, natürliche Farben und rücksichtsvolle Prozesse genutzt werden, ganz okay sein?! Ich könnte jetzt genauso die Sinnhaftigkeit vom Elektroantrieb eines Fahrrad oder die wahnsinnig nervigen e-Roller hinterfragen und würde wahrscheinlich beim gleichen Punkt landen… Wieso sollte ich es nutzen, es ging vorher ja auch ohne Hightech. Und z.B. hat Streaming ja auch noch den Nachteil, dass Musik-/Buch-/Filmschaffende kaum noch etwas verdienen und eigentlich nur die Anbieter selbst große Gewinne machen und natürlich braucht man dazu auch jedes Mal ein passendes Endgerät, das ja auch irgendwie erst einmal produziert werden muss und sich ökologisch erst nach zigfacher Benutzung rechnet. Es ist jedenfalls alles ein bisschen komplexer und das nimmt vielen, anfänglich logischen Tipps im Denkprozess die Leichtigkeit. Wobei man dann ja auch immer daran denken muss, dass die Schweden bereits ganz andere Bezüge zu Digitalität und Co besitzen.
Und trotzdem muss ich dann auch sagen, dass ich gerade durch dieses Buch noch einmal andere Sichtweisen gewonnen habe und einiges mitnehmen werde. Die Benutzung von Holz und anderen Naturmaterialien, fand ich zwar immer schon sehr sympathisch, aber der CO2-Kreislauf zwischen dem Baumwachstum und dem Abholzen war mir dann gar nicht mal so bewusst, zumal man ja häufig schon recht panisch ist, wenn man sieht, dass ein Baum abgeholzt oder verheizt wird. Ähnlich verhält es sich dann auch mit den Fischen bzw. dem Fischfang oder wusstest du z.B. dass die Größe entscheidend ist? “Für 1 Kilo Lachs hättest du 5 Kilo Sardellen essen können.” Und gerade für solche kleinen und größeren Hinweise fand ich diesen Ratgeber wieder großartig. Viele Sparmöglichkeiten habe ich für mich zwar nicht gefunden, aber sehr viel Verständnis und eben zahlreiche Möglichkeiten mit kleinen Schritten etwas zu bewirken. Das Leben ist einfach ein ständiger und großer Kompromiss und man sollte sich einfach viel mehr bewusst darüber sein, was man tut, kauft, befürwortet, erzählt. Und schon alleine Aufgrund dieses Gedankens ist dieses Buch wirklich eine Empfehlung wert!

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Johan Tell – Achtsam grün leben.
Aus dem Schwedischen.
Mentor Verlag.
160 Seiten. 24,90 Euro. Hardcover.

19. März 2021

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