Starke Frauen & ihr Leben | Frida Kahlo – eine Biografie in Bildform

Ich gebe ja zu, ich bin kein großer Frida Kahlo Fan und habe bisher bei jedem begeisterten Kahlo-Post auf Instagram heimlich die Augen verdreht. Ich konnte bis dato nie verstehen, warum diese Frau mit ihrem sehr markanten Auftreten und ihren Portraits für so viele Menschen eine Ikone bzw. ein Vorbild ist. Und ja, irgendwie hat es dann dazu geführt, dass ich neugierig durch das Buch “Frida Kahlo – Ihre Fotografien” geblättert habe, um zu verstehen: Was macht den Reiz von Frida Kahlo aus und woher kommt diese Bewunderung? Dies endete dann damit, dass dieses Buch nun eins meiner Schmuckstücke im Regal geworden ist und ich immer wieder einen Blick hineinwerfe. Frida Kahlo ist mit ihrer Geschichte, ihrem Sein und Wirken eine sehr bemerkenswerte Frau, die trotz aller Umstände ihren Weg gegangen ist und für die damaligen Verhältnisse, eine wahre Vorreiterin war und als DIE bekannteste Malerin Mexikos in die Geschichte einging.

“Frida Kahlo – Ihre Fotografien” wirft nun noch einen Blick hinter die ‘äußere Fassade’. Es ist nämlich nicht nur ein schöner Bildband, er vereint Biografie, Auszüge ihres Wirkens und Lebens, sowie sehr persönliche Aufnahmen und Gedanken miteinander. Prestel gewährt gemeinsam mit Hilda Trujillo und Pablo Ortiz Monasteio einen sehr faszinierenden Einblick in Frida Kahlos Fotoarchiv. In ihm schlummern in zahlreichen Schränken und Kommoden über 6000 Bilder, Zeichnungen, Briefe, Kleider, Medikamente und und und. Dieses Buch umfasst nun an die 400 Bilder aus ihrem Leben, ihrer Kindheit, Familie, Krankheit und ihrem Wirken. Frida hatte von klein auf mit der Fotografie zutun. Ihr Vater Guillermo Kahlo war ein sehr anerkannter Fotograf mit Fokus auf die mexikanische Kolonialarchitektur und er versuchte mit seinen Aufnahmen das “kulturelle Erbe der Nation” festzuhalten. Frida, die im Alter von 7 Jahren an Kinderlähmung erkrankte, sammelte dann eher Portraits ihrer Familie, “Selbstbildnisse” und dokumentierte die damalige Zeit. 1925 erlitt Frida dann einen Verkehrsunfall, der ihr ganzes Leben prägen sollte. Ein gebrochenes Becken, eine zersplitterte Lendenwirbelsäule, zahlreiche Krankenhausaufenthalte, Operationen, eine Amputation – der Abstieg nahm seinen Lauf.

“Man hat mir vor sechs Monaten das Bein amputiert. Es war eine jahrhundertelange Folter, und manchmal verlor ich fast den Verstand. Ich habe noch immer Lust, mir das Leben zu nehmen. Diego ist es, der mich zurückhält, weil ich so eitel bin zu glauben, ich könnte ihm fehlen. Er hat es mir gesagt, und ich glaube es ihm. Aber nie im Leben habe ich mehr gelitten. Ich werde eine Weile warten.”

Ihr Leben – ein Kampf zwischen Krankenhaus, Aufgabe und ihrer Verbindung zur Kunst. Ihre Willensstärke war stets riesig und sie hat sich trotz ihrer Umstände einen Weg gesucht, bei dem sich gerade die Fotografie zu einem sehr, sehr wichtigen Instrument entwickelt hat. “Fridas schlechter Gesundheitszustand verbot es ihr, sich längere Zeit im Freien aufzuhalten oder ihre Modelle für ausgedehnte Sitzungen zu sich zu bestellen, daher nutzte sie Fotografien, um ihre Figuren auf die Leinwand zu bannen.” Und so sind dann ihre Bilder, eben nicht nur einfache Aufnahmen, sie sind Zeugnisse ihres unermüdlichen Kampfes mit sich selbst und den Zuständen der Zeit. Ihr Werk und Erbe stellt auch noch heute einen mehr als bemerkenswerten Beitrag und die Dokumentation der damaligen Zeit dar. Am bekanntesten sind dabei ihre Portraits. Doch “die wirkliche Frida in der Figur >Frida< finden zu wollen, ist ebenso absurd wie unmöglich: Frida ist keine reale Person, sondern eine diskursive Figur – ein thematisches Motiv – mit dem Stellenwert der Rede, des Bildes oder der öffentlichen Darstellung. […] ein Produkt der imaginablen Psyche […] und nicht eine Evidenz oder ein Spiegelbild dieses Wesens.”

Was kann ich nun noch Kluges sagen? Für mich ist dieses Buch ein sehr persönlicher Einblick in die Leidensgeschichte und das Familienleben von Frida Kahlo. Neben den Familienporträts, die gerade die damaligen Zustände, ihre Kindheit und Herkunft widerspiegeln, werden in diesem Buch Das Blaue Haus, Der geschundene Körper, Die Liebe, Die Fotografie und Die Politik der damaligen Zeit thematisiert. Dieses Buch beinhaltet einen Teil ihres Vermächtnisses, ihrer Bilder, sowie Aufnahmen ihres Vaters und zeigt eine sehr bemerkenswerte Frau mitsamt all ihrer Gebrechlich- und Verletzlichkeit in Sachen Liebe und die Vergänglichkeit bzw. das Schicksal wie auch den Verfall ihres eigenen Körpers. Aber nicht nur das, gemeinsam mit den dann doch sehr intensiven Berichten und thematischen Einleitungen ergibt sich hier ein sehr aufwühlendes Abbild einer Frau, die bis zuletzt nicht aufgegeben und an ihrem Talent, ihrer Sicht und dem Drang der Künste festgehalten hat. Frida Kahlo verstarb im Alter von 47 Jahren an den Folgen einer Lungenembolie. Ihr Vermächtnis, vor allem in Hinblick auf die damalige Zeit, ist riesig und damit ist sie dann nicht nur Kulturgut sondern auch eine wahre Vorreiterin und ja, wahrlich auch ein Vorbild für mich, dich und wahrscheinlich auch noch folgende Generationen.
Dieses Buch ist damit nicht nur ein (ich möchte beinahe schon Muss sagen) toller Beitrag in einem sehr schlichten und doch sehr schönen, ansprechendem Format und Design, mit zahlreichen Informationen, Bildern und Fragmenten, der sicherlich nicht nur eingefleischten Frida Kahlo Fans eine Freude macht.

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Frida Kahlo – Ihre Fotografien.
Herausgegeben von Hilda Trujillo Soto und Pablo Ortiz Monasterio.
Prestel.
524 Seiten. 38 Euro. Hardcover.

29. Juni 2020

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