Spannendes Debüt mit Tiefgang – “Wenn ich blinzle wird es besser ” von Christoph Strolz

Erzählbände sind eigentlich immer etwas tolles, wenn man nicht so viel Zeit hat oder einfach nur kurz vor dem Schlafengehen noch etwas lesen möchte. Christoph Strolzs Buch Wenn ich blinzle wird es besser wäre dafür so ein optimaler Kandidat, wenn er nicht so herausfordernd wäre. Und das meine ich in diesem Fall überhaupt nicht negativ, denn ich hatte mit diesem schmalen Buch eine recht intensivere Leseerfahrung. Einige Erzählungen haben mich nämlich an meine Vergangenheit und meine Erfahrungen in der Werbeindustrie erinnert. Dort, wo sich recht häufig Äußerliches, Halbwahrheiten, Beobachtungen in der Perfektion verrennen und alles andere zurückstellen…
Die hier zusammengestellten sieben Erzählungen sind recht verschieden und doch so harmonisch aufeinander abgestimmt. So geht es zum Beispiel um einen Fotografen, der bereits Madonna porträtiert hat und nun Promo-Aufnahmen von Tailor Swift macht. Eigentlich sollte dies für ihn nun kein Problem sein und doch steckt der Teufel im Detail. Sein Eindruck und Wille das perfekte Bild, das seinen Vorstellungen entspricht, abzuliefern, treibt ihn vor allem in der Nachbearbeitung weit über die Deadline hinaus und stellt so beinahe alles was er an ihr sieht infrage.

 

“Die natürliche Hässlichkeit von Taylors Haut sollte nicht einfach durch eine künstliche Schönheit ersetzt werden. Es ging vielmehr darum, nur die Hässlichkeit zu eliminieren, während die Natürlichkeit erhalten bleibt.”

 

“Wenn ich blinzle wird es besser” sagt er sich und irgendwie hat damit dann auch Recht. An anderer Stelle beobachtet ein Mann mit Kamera die Bewohner des gegenüberliegenden Hauses. Er will scheinbar Emotionen einfangen um sie Mara zeigen. Mara ist ans Bett gefesselt und scheint auch außerhalb dessen kein Leben zu haben. Niemand im Haus hat sie bisher bemerkt. Es ist eine Welt zwischen dem Gesehenen und dem Eigentlichen. Und so geht es dann auch andererorts um Lüge und Wahrheit, gar Krankheit oder eine Frau, die plötzlich Schlangengesichter um sich herum sieht und alles hinterfragt oder um eine Putzfrau, den Bus und den Schnee oder…

 

“Und manchmal sitze ich da und mir verschwimmen die Pixel vor den Augen. Dann erschrecke ich, zweifle kurz an der Bildschärfe, doch wenn ich blinzle, wird es besser, und wenn ich eine Sekunde lang die Augen schließe […] dann ist alles wieder, wie es sein sollte, dann ist alles wieder gut.”

 

Ich würde nun lügen, wenn ich sagen würde, diese Geschichten hätten mir außerordentlich gut gefallen… Zu sehr stellten sie nämlich meine Zweifel an der oberflächlichen Realität und der eigenen Beobachtung in den Vordergrund. Das liegt nun nicht am Geschriebenen selbst, denn Christoph Strolz verpackt hier viele Gedanken auf eine recht angenehme und doch eher anspruchsvolle Art. Das hier ist kein Buch für eine Nebenbeiunterhaltung, in ihm steckt nämlich viel, viel mehr. Zumindest hat er es bei mir mit jeder einzelnen Geschichte geschafft den Schein der heutigen Welt infrage zu stellen. Wie viel Perfektion und Wunsch wäre noch gerechtfertigt? Was ist Trug und was ist die Wahrheit der eigenen Gedanken und Wahrnehmung? Vielleicht erinnert es auch einfach nur mich an den steigenden Leistungsdruck, persönlich wirre Gedanken und die eigene Wirkung auf quasi Außenstehende. Jede Erzählung steht für sich selbst, hat eine komplett andere Ausgangslage und doch finde ich sie insgesamt so sehr harmonisch.

 

“Manche Erinnerungen verblassen nicht, sondern werden mit der Zeit genauer, bis sie schließlich eine Konkretheit erlangen; die nur aus frei erfundenen Details besteht”

 

Christoph Strolz – Wenn ich blinzle wird es besser.
Luftschacht.
128 Seiten. 18 Euro. Design-Hardcover.

 

//Rezensionsexemplar

23. April 2019

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