Wenn der Absturz naht // mein Highlight 2017

Den Anfang der literarischen Reise möchte ich mit meinem persönlichen Highlight des letzten Jahres beginnen. Wie bereits vor einer Weile auf Instagram gezeigt, handelt es sich neben “Acht Berge” um ein großartiges Buch aus dem Piper Verlag. Ein Jeder mag das Gefühl oder generell Personen kennen, denen ein Unglück nach dem anderen folgt, getreu dem Motto: Wenn einem der Boden unter den Füßen weggerissen wird und man einfach nur fällt.
Vielleicht bin ich auch persönlich von dieser Geschichte etwas ergriffen, da in meinem eigenen Leben, gerade in den letzten Jahren nicht immer alles nach Plan gelaufen ist…

Alles wird unsichtbar von Gerry Hadden ist für mich ein ganz besonderer Roman. Es geht um Milo, einen Jungen, der durch einen Unfall nicht nur seinen linken Arm und seine Mutter Miriam verlor, sondern auch den Halt und ein Teil seines Lebens. Es sind die Phantomschmerzen, die bleiben. Schmerzen, die ihn tagtäglich begleiten und sich andere Ausflüchte suchen. Schmerzen, die ihn in ein tiefes Loch treiben und in der Kriminalität enden.

“Eines Morgens hockst du so im Jugendknast und studierst vor dich hin, die Amöbenhirne von Zellengenossen kommen um die Ecke und geben dir wie selbstverständlich zum siebenhundertvierunddreißigsten Mal auf die Fresse, und im nächsten Moment sitzt du in einem Bus auf dem Weg zu irgendeinem College in der Nähe vom Nordpol, und der Typ neben dir spielt Buchstabierwettbewerb. Gegen sich selbst.”

Doch eines Tages erhält Milo eine Chance, ein Förderprogramm, das ihn aus dem Knast holt, auf ein Collage schickt und neue Hoffnung weckt. Über ein Auslandssemester gelangt er in den 80ern mit zwei anderen ehemaligen Sträflingen nach Westdeutschland an die Grenze zur DDR. Hier soll nun die Suche nach der ihm fehlenden Familie, zu sich selbst und seinen Wurzeln anknüpfen. Doch dass hier der Junge aus der Bronx nicht von allen mit offenen Armen willkommen geheißen und es Probleme geben wird, die das ganze Programm und seine Pläne gefährden, war irgendwie zu erwarten.

“Und als ich aufstand und diese Lichter über mich hinwegglitten, ohne innezuhalten, wurde mir wieder einmal klar, dass dieses Etwas nicht ich war, dass ich ebenso im Nichts verloren war wie er, wie Miriam oder das Nichts selbst.”

“Alles wird unsichtbar” ist sehr sprachgewaltiges Werk, welches man gar nicht so einfach wiedergeben kann und das mich tief in den Bann gezogen hat. Von Tiefgründigkeit und Emotionen gepackt und nicht mehr losgelassen, fand ich mich lachend, grinsend, ergriffen und heulend wieder. Ich würde nicht unbedingt behaupten, dass es ein Buch für jeden ist und auch nicht, dass es ein stets einfaches, normales Lesevergnügen bietet, aber die Schwere in all diesen gewählten Worten und der Geschichte macht es zu einem wahren, berührenden Kleinod. Haddens Debütroman ist für mich eins der besten Bücher, die 2017 erschienen sind und ich kann nur eins raten: Lesen!

“Und obwohl der Tod nach wie vor eine ganz besondere Faszination auf mich ausübte, war ich immer davon ausgegangen, dass ich mich selbst richten würde, herzlichen Dank.”

Zusätzlich sollte man an dieser Stelle auch die großartige Übersetzungsarbeit von Stefanie Jacobs und Simone Jakob erwähnen, da die beiden an der Wucht dieses Romans nicht ganz unschuldig sind.

 

 

Alles wird unsichtbar – Gerry Hadden
übersetzt von Stefanie Jacobs und Simone Jakob.
Piper Verlag.
352 Seiten. 20 Euro. Halbleinenband.

 

13. Februar 2018

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