Manchmal schäme ich mich dafür Ostdeutscher zu sein…

Entschuldigung, aber dieses Mal brauche ich einfach etwas Platz, um meine Gedanken zur gestrigen Wahl, zur Politik, zum Weltbild, zum großen Ganzen zu äußern und ja, auch sehr viel Persönliches loszuwerden. Man kann es nicht unmittelbar voneinander trennen, was geschieht und was bislang geschehen ist. Vieles hat mit meinen Erfahrungen und Erlebnissen zu tun, die vielleicht in der heutigen Zeit schon etwas überholt sind und trotzdem war es für mich damals ganz okay… aber irgendwann gab es dann doch so einen Knacks. Und gerade dieses spiegelt sich immer und immer und immer in der heutigen politischen Meinung wieder. Gefühlt macht dagegen keiner was, aber dazu komme ich vielleicht noch später.

Also wie vielleicht viele von euch bereits wissen, bin ich 1989, viel zu früh und überhaupt unter ‘blöden’ Umständen in der DDR geboren worden. In einer ehemals tollen Hansestadt mitten in Mecklenburg-Vorpommern, um genau zu sein. Dass ich heute noch Dokumente längst vergangener Zeiten besitze, macht mich heute irgendwie stolz, aber das ist dann auch das einzige. Nach der Wende kam hier der große Umschwung, der mich als Kind jetzt noch nicht sonderlich geprägt hat, aber mein Umfeld sehr mitnahm. Meine Mutter hat früher in einer Molkerei gearbeitet. In der DDR hatte irgendwie jeder Arbeit und eine Aufgabe und auch wenn es großteils eine harte Zeit war, so hört man doch von vielen, dass die Arbeit früher Spaß gemacht hat. Die Gemeinschaft und der Zusammenhalt waren noch größer und weil es auch nicht ständig alles zu kaufen gab, hat man gerade das mehr geschätzt, was man besessen hat. So kursieren dann auch noch heute Geschichten, wie tatsächlich sehr hässliche Gläser zum stolzen Erwerb wurden. Oder wie man sich über Kaffee und Jeansjacken und Co unwahrscheinlich gefreut hat. Dieses Gefühl kennt heutzutage natürlich keiner mehr. In einer Zeit/Welt in der alles einfach mal so zu kaufen ist und am besten noch am gleichen Tag geliefert wird… Und vielleicht fehlt gerade durch diese heutige Schnelligkeit und dadurch, dass stets alles da und erreichbar ist, die Beziehung zum Erworbenen und ja, vielleicht gibt es dadurch auch einfach viel mehr Müll. Ich drifte gerade ab, aber diesen Aspekt finde ich tatsächlich sehr spannend.

Jedenfalls war es so… nach der Wende kam dann mehr oder weniger das große Schwimmen. Vieles “wurde kaputt gemacht”, ehemalige Strukturen aufgehoben und viele Menschen haben ihre Arbeit verloren, saßen nach der ersten Euphorie mehr oder weniger mit dem an, was nun auf sie zukam. Meine Mutter hat mehrere Umschulungen gemacht, ich bin in die Krippe, Kindergarten, Grundschule und Hort gekommen. Es gab Zeiten, in denen ich meine Mutter sehr häufig um mich rum hatte, Arbeitslosigkeit war kein Fremdwort, aber es gab eben auch immer diesen Drang arbeiten gehen zu wollen. Sie war ja noch recht jung und irgendwie musste alles ja auch weiter gehen. Andere sind vielleicht hier schon gescheitert und haben sich aufgegeben. Meine Mutter nicht. So hat sie dann verschiedene Tätigkeiten von Post austragen, archäologischen Ausgrabungen bis hin zu Callcenter-Arbeit übernommen und ihren Weg gefunden… doch irgendwie war es nicht mehr das Gleiche. Und auch heute höre ich sie noch gerne von den damaligen Labor-/Molkereizeiten reden und das, obwohl es zum Teil auch eine schwere Zeit war. Dann bin ich natürlich größer geworden und nach der Grundschule folgte das Gymnasium. Zwischendrin hatte man dank der Entwicklung etwas mehr Technik und natürlich diesen Wandel mitgemacht. Gameboy, Handy, ‘GroßraumPC’… rückblickend finde ich gerade dieses langsame Heranführen toll, die die heutigen Generationen beinahe gar nicht mehr kennen. Alles ist sofort da. Ich habe noch sehr viel draußen gespielt, gemalt, Lego gebaut, stundenlang im Sandkasten gesessen, Puzzle gespielt und und und. Die Technik war eher unbedeutend bzw. okay, ab und zu durfte ich auch Fernsehen gucken oder eben später auch PC-Spiele spielen, aber das blieb insgesamt doch recht reduziert. Heute ist das (zu meinem Erschrecken) ja schon wieder anders. Ich bekomme die Entwicklung meines Cousins mit und tatsächlich finde ich es mehr als fraglich, was für eine Generation da gerade ‘herangezüchtet’ wird. Zwischen ADHS, Sprachstörungen, “Ich will und bekomme alles” usw. usw. Also ich hab damals kein Taschengeld bekommen, musste immer vorher Bescheid sagen, wenn ich etwas brauchte oder irgendetwas bestimmtes wollte. Und das war auch okay für mich. Teilweise hab ich meine Wünsche tatsächlich ermöglicht bekommen, anderes aber auch nicht. Wahrscheinlich hat mich das bis heute sehr geprägt und das irgendwie wirklich positiv. Die Schulzeit war sonst recht schön. Ich war zwar nie so der Gefragteste, meist eher introvertierte Lernwillige, der dann auch hier und da noch zusätzlich Kurse belegt hat oder sich auch in der Oberstufe nicht von Chemie trennen wollte und generell einfach mal überbelegte. Und natürlich brauchte ich vieles für die Zukunft nicht oder habe es innerhalb kürzester Zeit wieder vergessen, aber es war okay. Ich habe als letzter Jahrgang die 13. Klasse absolviert, also ein etwas langsameres ‘Lernen’ und geringeres Pensum gehabt und ja, es war gut so wie es war. Wir haben uns ewig mit Grundgesetz, BGB, Politik, Biologie, Informatik, Rechnen lernen (mit und ohne Taschenrechner), Geschichte, Religionen und und und beschäftigt. Und mir hat es recht viel Spaß gemacht, vor allem weil es sehr unterschiedlich war und eben auch noch die Zeit dafür da war und das obwohl wir immer recht große Klassen waren. Der Jahrgang unter uns hatte dann tatsächlich schon mehr zu kämpfen, mehr Inhalt auf weniger Raum, das rächt sich irgendwann. Tatsächlich gibt es auch noch heute die große Bildungsfrage und doch sehe ich gerade in der Komprimiertheit das große Problem. Und darin, dass heutzutage beinahe für alles Abitur verlangt wird. Klassen werden verkleinert, Eltern nehmen sich immer mehr raus und wollen ihr Kind vor dem großen Druck beschützen und irgendwie wurde das alles im Laufe der Zeit recht wirr. Doch heute alle Inhalte des Lernstoffs und die hochgelobte Digitalisierung vorzuschieben, finde ich tatsächlich etwas mau, aber das ist natürlich ‘greifbarer’ als wenn nun jemand sagen würde: “Wir müssen alles wieder mehr entspannen und eben auch Zeit schaffen für solche fraglichen Sachen wie gestaltendes Spiel, Evolutionslehre, Niederdeutsch, Schüleraustauschprogramme und Co.” Und natürlich gibt es dafür nicht genug Lehrkräfte, aber wie denn auch, wenn die Klassen immer weiter schrumpfen, weil alle Kinder plötzlich mehr Unterstützung benötigen oder die Eltern die Erziehung häufig auf die Lehrer abwälzen und und und? Aber klar, jetzt kauft sich jeder ein Tablet und dann sind erstmal alle Grundlagen für die Zukunft geschaffen. Läuft.

Mit Abschluss der Schulzeit kam für mich auch die große Frage, was ich denn mit meiner Zukunft machen möchte. Ich war eigentlich immer naturwissenschaftlich begeistert, konnte mir große komplexe Zusammenhänge vorstellen, liebte Kunst, Religion und ja irgendwie auch Musik. Am Ende habe ich dann über 100 Bewerbungen für ein duales Studium geschrieben. Mit einem Abschluss von 1,9 hätte irgendwas in Richtung Wirtschaft ja möglich sein können, denkt man… aber nichts. Ganz so dusselig hatte ich mich eigentlich auch nicht angestellt, aber meistens scheiterte es dann an irgendwas und sei es, dass ich anfangs mit den Bewerbungstests nichts anfangen konnte (aber Übung macht den Meister, ich war ja auch nicht gerade dumm und man muss ja auch nicht alles sofort können). Irgendwann hatte ich das Spiel dann auch auf BWL ausgeweitet, aber es blieb für mich einfach nichts übrig. In der Nähe gab es für mich leider kein passendes Unternehmen und weiter weg wollte mich scheinbar niemand. Also entschied ich mich für ein Studium, das mich dann nach Lübeck führte, denn in der Nähe meines Heimatortes gab es tatsächlich in diesem Bereich auch nichts passendes. Und irgendwie erging es fast allen aus den Abschlussjahrgängen 2008 so und man verteilte sich deutschlandweit. Und auch das ist heute ein sehr großes Problem, hauptsächlich in den neuen Bundesländern. Die Jugend, also die, die die Zukunft bewegen könnten, haut ab und zieht in die Ballungszentren. Die Alten bleiben zurück, werden abgehängt und gerade das schafft wieder neue Probleme.

In Lübeck habe ich mich dann zunächst an Maschinenbau versucht und hab zwei Semester später auf Informationstechnologie und Gestaltung gewechselt. Das Künstlerische überwog und war für mich irgendwie auch eine richtige Entscheidung, auch wenn meine schulische Laufbahn mir irgendwas anderes vermittelte. Das finde ich allerdings weder dramatisch noch fraglich. Heute hätte man ja gern, dass die Schule auf alles mögliche vorbereitet. Aber warum? Man ist ja auch ein frei denkendes Individuum, das sich eben auch selbst finden kann und man muss sich eben auch ausprobieren, also ist ein grobes Grundwissen aus den verschiedenen Bereichen recht vorteilhaft. Und gut, hätte ich damals tatsächlich ein Praktikum gefunden und wäre die ein oder andere Prüfung besser ausgefallen, würde ich mich heute wahrscheinlich mit Konstruktionen und Maschinen aller Art beschäftigen, aber es ist so passiert und ich sehe es auch nicht als verschenkte Zeit an, also alles optimal. Und daher verstehe ich ehrlicher Weise das ganze Problem mit dem Bildungsweg und der Berufsvorbereitung recht wenig. Allerdings hätte ich gerne auf das ganze Theater mit dem Bafög verzichtet und gerade das reißt mir auch jetzt noch etwas den Boden unter den Füßen weg. Und das obwohl ich noch nebenbei im Einzelhandel gearbeitet habe, um mir mein Leben zu finanzieren. Gefühlt gab es aber auch hier schon große Unterschiede zwischen den einzelnen Studenten. Die einen, die dank der Eltern beinahe alles hatten und alles in den Allerwertesten gesteckt bekamen und die anderen, die mehr oder weniger um ihre Existenz kämpften. Wie ist das heute? Ich habe immer so das Gefühl, dass es auch hier einen Wandel gab, aber dazu kann ich gerade nicht wirklich viel sagen.

Jedenfalls gab es auch da so einige Hürden, die ich meistern musste und dann kamen von baldigen Freunden teilweise solche Ost-West-Vergleiche. (Warum gibt es die noch? Alles ist doch schon ewig eins oder nicht?) Irgendwer sagte mir auch mal: “Man sieht den Leuten einfach an woher sie kommen. Die aus dem Osten sind oft so schlabberig und kaufen eher günstig ein. Das sieht man ihnen einfach an. Dir jetzt nicht so, aber…ja.” Gerade diese Aussage lässt einen dann schon etwas zusammenzucken. Man ist es ja schon gewohnt, dass Ostdeutsche gerne mal als etwas hinterwäldlerisch bezeichnet werden oder auch so abgetan werden, aber wenn es dann noch um solche Sachen geht… irgendwie schämt man sich dann schon aus dem Osten zu kommen. Aber wenn man das eben wieder hinterfragt, liegt es auch an den ganz anderen Situationen in Ost und West oder wann wurden die Gehälter denn schon einmal auf ein gleiches Level angepasst? Oder wie ist es mit den Struktur der einzelnen Länder? Irgendwo ist es hängen geblieben und bis heute hat es eigentlich niemand auf politischer Ebene geschafft, eine tatsächliche wirtschaftliche, wie soziale Anpassung vorzunehmen. Und auch wenn ich heute in meine Heimat fahre, so ist dies nach wie vor sehr deutlich spürbar. Aus der ursprünglichen Hansestadt ist im Laufe der Zeit erst ein Landkreis und jetzt eine Stadt der Region Mecklenburgische Seenplatte geworden. Ein Ort, der eigentlich zu Vorpommern gehört, gehört nun zu Mecklenburg, aber auch nur, weil man das ansässige Krankenhaus sonst hätte schließen müssen und damit eventuell der ganze Ort  zusammengebrochen wäre. Zahlreiche Gebäude stehen inzwischen leer und die einst 16.000 Einwohner sind nun  auf gerade noch 10.000 (vor allem Rentner) geschrumpft. Und mit jedem weiteren Besuch merke ich, wie ein ein ehemals wirklich toller Ort mehr und mehr in sich zusammenschrumpft. Einzig das betreute, altersgerechte Wohnen und Altenheime boomen und beinahe jährlich wird ein weiteres aus dem Boden gestampft, aber sonst? Zukunft für neue Generationen sieht anders aus. Und auch die bis dato Beschäftigten der Region haben zu kämpfen, denn Perspektiven gibt es hier keine. Wer Arbeit hat, darf sich glücklich schätzen, denn Auswahl gibt es hier auch nicht. Läden haben immer mehr mit ihrem Überleben zu kämpfen und auch die großen Strukturen werden dank Zusammenschlüssen der Regionen immer weiter abgeschafft. Es gab hier mal große Einrichtungen von der Sparkasse, dem Land, der Verwaltung, Gericht, Polizei usw. usw. doch alles schrumpft oder ist gar nicht mehr existent. Und was macht die Politik? Richtig, man konzentriert sich auf die größeren Städte. Mietpreisbremsen und Co sind wichtig, während auf dem Land ein Haus nach dem anderen leerer wird, in sich zusammenfällt und abgerissen wird. Urbanisierung und Globalisierung auf höchstem Niveau und auch das rächt sich.

Die Menschen und das betrifft sehr viele Gebiete, fühlen sich von der Politik nicht mehr wahrgenommen und zwischen Barrierefreiheit und Schuldbildung… nun ja da gibt es schon noch große Spielräume und Fragen, die einfach Handlungen oder Ideen brauchen. Und besonders in diesen Punkten sind, so muss man es dann leider sagen, gerade die rechten Parteien sehr laut bzw. sie geben mitunter auch der Migration die Schuld und natürlich leben hier kaum Bürger aus anderen Ursprungsländern. Und wenn sie hier herkommen, werden sie vom Staat mit offenen Armen willkommen geheißen, aber sie fallen extrem auf, passen irgendwie nicht her. Natürlich hat jeder seine Daseinsberechtigung und doch ist es gerade in den ‘engen’ Gegenden schwierig Fuß zu fassen und keine Ablehnung zu erhalten. Und ja, auch größere Städte haben Integrationsprobleme, doch irgendwie bleiben diese auf dem Land fühlbar länger bestehen. Viele Städte sind generell offener, toleranter, haben teilweise auch einfach mehr Möglichkeiten. Ländliche Regionen sind auf das angewiesen, was sie gerade besitzen. Und auch da greifen gerade die rechten Parteien zu… eher rückschrittlich, weniger Offenheit, mehr national, mehr Stärkung des eigenen Bereichs bis zum Tellerrand.
Daher kann man nun auch nicht sagen: “Ihr, die die AfD gewählt habt, seid dumm.” denn das stimmt einfach überhaupt nicht und auch die AfD selbst hat sehr kompetente (und sehr weit vorn auch inkompetente) Mitglieder. Und auch in den Regionen selbst leben viele Menschen, die nun Angst haben. Angst vor ihrer Existenz, aber eben auch vor den politischen Spannungen und davor, vom Rest Deutschlands abgehängt zu werden. Demonstrationen à la “Wir sind mehr” helfen da gerade wenig, denn die Menschen, die mal eben zum Demonstrieren kommen, sind nach einigen Stunden wieder verschwunden. Daher ist es in der heutigen Zeit wichtig den Austausch zu suchen und zu fragen, wo es Probleme gibt und wo Hilfe benötigt wird. Und genau das macht keiner. Die Aktion “Aufstehen” von Frau Wagenknecht wurde von vielen aus der Politik müde belächelt und doch greift sie genau da an, wo das Problem liegt. Beim Zuhören und erst nehmen. Der eine hat vielleicht einfach nur das Problem, dass er auf dem Dorf wohnt und sich von der Stadt abgeschnitten fühlt, ein anderer sieht, wie eine Arbeitsstelle nach der anderen um sich rum abgebaut wird oder z.B. durch Helfer aus dem Ausland besetzt wird. Auch da habe ich ein persönliches Beispiel. In meinem Heimatort werden Spargel, Gurken und Co angebaut. Hierzu werden jährlich Erntehelfer benötigt und gerade da war von städtischen Bürgern die Nachfrage riesig. Doch irgendwann kamen mehr und mehr polnische Hilfskräfte und heute wird einfach niemand mehr aus der Region dort beschäftigt. Also, wer hat schuld? Der Betrieb, der versucht die Kosten so niedrig wie möglich zu halten? Die Menschen aus der Region, weil sie vielleicht zu teuer sind? Die Hilfskräfte, weil sie Menschen die Arbeit wegnehmen? Die Politik, weil sie das erlaubt oder an den zusätzlichen steuerlichen Abgaben beteiligt ist? Oder am Ende gar der Kunde, der stets so günstig wie möglich kaufen will und dann am Besten noch bio und frei von allem? Ich finde, da spielt eine Menge mit rein und nichts ist unschuldig. Aber dann Menschen, die sich ungerecht behandelt fühlen und dann eben auch AfD und Co wählen, als deppert hinzustellen, peinlich zu finden oder ihnen “mangelnde Weltoffenheit” vorzuwerfen, empfinde ich als unwürdige Frechheit. Gut, kleiner Lichtblick, MV hat neben der CDU auch die Linken für sich entdeckt, trotzdem ist auch hier die NPD und nun leider auch die AfD sehr stark vertreten.

Und natürlich wird niemand nun den optimalen Plan haben, denn gerade diesen hat man jahrelang verschlampt. Es würde auch nicht helfen Grün, SPD oder die CDU zu wählen, da weitere Windkraftanlagen, CO2 Steuern, Tempolimits hier eben nicht helfen. Und auch wenn es heißt, man möchte “den Kleinen” (Bürger) vor steigenden Steuern schützen und dann eventuell den Strom vergünstigen… Nun ja, wer benötigt denn mehr Strom? Der mit der kleinen Wohnung oder doch der, mit einer Villa am Stadtpark? Oder wer kann sich dann dank Fahrverboten stets ein neues Auto leisten? Der, der jahrelang an seiner kleinen Drecksschleuder hängt oder jene, die mit ihrem SUV total ökologisch ‘drauf sind’? Auch Windkraftanlagen sind ein Dorn im Auge, den viele Städter so gar nicht wahr nehmen. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es eine Aktion zum Thema “Es reicht”. Hier hat man schon lange die Schnauze voll, dass überall Windräder aufgestellt werden, während man in anderen Regionen kein einziges zu sehen bekommt. Zumal (und das finde ich tatsächlich höchst interessant) eine neue Studie die Tatsache in den Raum geworfen hat, dass Windkraftanlagen am Insektensterben mit beteiligt sein könnten, da sich die Windräder in der Flugzone der Insekten drehen… Den Rest kann man sich dann denken und ähnlich wie bei der Frontscheibe eines Autos auf der Autobahn vorstellen. Und wo ich gerade am Nörgeln bin, auch Solar und Elektroautos haben ihre Schwachstellen oder wo kommen die Ressourcen her? Lithium soll es ja auch nicht mehr in Unmengen geben. Der hohe Technikabsatz spielt hier sicher auch noch einmal hinein, schließlich will gefühlt ja jeder stets das Neuste vom Neuen haben. Oder neuer Fernseher? Smartphone? Uhr?… Ach, es ist verzwickt und wird tatsächlich auch nicht besser, egal wie man es dreht und wendet.
Und um jetzt wieder zurück zu kommen… die CDU hat, obwohl der Kohleabbau schlecht fürs Klima ist, Arbeitsplätze in Brandenburg und Co gesichert und obwohl eben alles nur schleppend voran geht, ist das genau der richtige Weg. Die Menschen dort interessiert nämlich nicht, was sich in 10-20 Jahren irgendwo so langsam entwickelt, da geht es um die jetzige Existenz. Das Klima ist einfach zweitrangig. Und genau da kannst du sagen was du willst, du kannst auch alles richtig machen wollen, aber wo Angst um die Zukunft herrscht, kann man nicht mit anderen Bedrohungen kommen, da muss man erst einmal anfangen welche zu beseitigen. Und gerade da sollten wir alle gucken, dass wir die Entwicklung richtige Richtung lenken können, nebenbei etwas Klimaschutz betreiben und vor allem menschlich wieder mehr zusammenwachsen statt abzugrenzen.

Hab ich irgendwas vergessen? Bestimmt, denn dieses ist ein wirklich sehr komplexes Thema, das man eben auch versuchen muss zu verstehen. Der Osten hat nach wie vor große Schwierigkeiten, alle anderen ländlichen Regionen des Landes ebenso und da bringt es nichts, wenn man peinlich berührt irgendwo sein Klimasüppchen kocht. Vielleicht wäre eine strukturelle Veränderung sinnvoll? Eine Anpassung der Renten und Gehälter von Ost und West. Mehr Arbeitsplätze, die dann eventuell auch jüngere Menschen zum Bleiben bewegen und den Austausch anfeuern. Mehr (Bildungs-)Möglichkeiten. Kleine Außenstellen von Ämtern und Co. Eine bessere ärztliche Versorgungen. Viel mehr Integration… Und vor allem eins… Dialog. Mit mir könnt ihr ja schließlich auch reden. Und wer weiß, wenn ich nicht weggezogen wäre, vielleicht hätte ich jetzt auch was blödes gewählt. Gut, wahrscheinlich nicht, denn dafür gibt es doch kommunal recht gute, demokratische Ansichten hier im Raum. Und daher finde ich ‘Debatten’ von Rezo und Co, die leider nur verallgemeinern eher fraglich und aufhetzend. Auch dazu habe ich neulich mit einigen diskutiert und bin tatsächlich erschüttert, was ein einzelnes Video so alles anrichten kann und wie schnell sich Meinungen verfestigen. Doch nicht nur da… auch im Kleinen kann sich nämlich sehr viel Hass auftürmen. Und ich glaube noch nicht einmal, dass jeder genau weiß, wieso er wen gewählt hat und warum die anderen nun so schlecht waren. Noch ist alles offen, aber wir sind gerade an einer Schwelle, die dann irgendwann zu solchen Situationen wie in Polen oder Italien führt.
Man kann neben dem Klima für viel mehr kämpfen und sich laut engagieren, politisch aktiv werden, andere Menschen bewegen, auch außerhalb der aktuellen Trendblase. Greta hat es vorgemacht, sich fürs Klima eingesetzt und Massen bewegt, vielleicht kann man dann auch gemeinsam an anderen wesentlichen Punkten irgendetwas bewegen und erreichen. Mehr Offenheit und Zusammenhalt wäre schon ein großer Schritt. Also tut den Osten oder auch Menschen aus deinem Umfeld, die komische Ansichten haben, bitte nicht ab, sie sind genauso viel wert wie ihr und auch sie haben es nötig gehört zu werden. Es ist schon schlimm genug, dass man sich selbst für seinen Ursprung schämen muss. Da muss dann nicht noch mehr kommen. Und nur gemeinsam können wir vernünftige Ziele, Lösungen und Kompromisse für alle finden. Wir müssen wieder mehr beim wir landen, statt im ihr und ich. Abschottung macht es nur noch schlimmer. Ein Teufelskreis. Und wer weiß, wie ihr euch verhalten hättet, wenn ihr in deren Situation wärt. Versucht zu verstehen und euch konstruktiv auszutauschen und das eben auch zu Zeiten an denen gerade keine Wahl ist. Vielleicht ist das Internet auch einfach ein viel zu negativ beeinflusster Ort. Politik ist keine Blase, die immer mal wieder aufploppt. Sie ist immer da und bedarf Veränderung.

28. Mai 2019

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